Der “Volant” – eine Triodenendstufe / Teil 3 oder „Der Gänsehaut-Effekt am Unterarm“

4 Okt

Für heute ist die Konfiguration eines Netzteils mit Röhrengleichrichtung mittels EZ12 geplant. Diese Röhre wurde bis etwa 1960 gefertigt und ist ein Doppelanodengleichrichter, der bei Spannungen von bis zu 500Volt noch 100mA Strom abgibt – den passenden Trafo vorausgesetzt. Dies Netzteil soll die RL12T15 versorgen und hoffentlich einen weiteren Klanggewinn bescheren. Ich habe seinerzeit mit der EZ hervorragende Erfahrungen gemacht und habe auch noch einen passenden Trafo mit 150mA bei 380 Volt verfügbar.

EZ12 mit Trafo, Drossel, Siebkette

EZ12 mit Trafo, Drossel, Siebkette

Das Ensemble wird zunächst auf einer Montageplatte fixiert. Aus der EZ12 fliesst der Strom in eine Drossel, die vor allem für eine saubere Basswiedergabe eingesetzt wird. Danach folgt ein Ladekondensator (hier im Bild zwei in Serie geschaltete 100µF/300V – ergeben 50µF/600Volt. Der erste Ladekondensator mit einer Spannungsfestigkeit von 385V ging in Rauch auf, weil die gleichgerichteten 380V nach Siebung auf 500V hochliefen.). Von da aus wird über einen hochbelastbaren 47Ohm Widerstand  ein 3.300µF Röderstein Kondensator mit 450V aufgeladen. Der Röderstein verkraftet auch die anliegenden 495 Volt, wird aber alsbald aus Sicherheitsgründen ersetzt werden.
So, da war die Spannung – locker 200 Volt mehr als gestern.Was würde nun passieren? Wieviel Strom würde die RL12T15 ziehen? Würde das Ding in Flammen aufgehen oder nicht? Ich habe im Leben noch keinen Verstärker mit mehr als 300V betrieben. Allein wegen der Probleme mit der Spannungsfestigkeit der Kondensatoren, die einem im Ernstfalle um die Ohren spritzen, oder einen übelriechenden Dampf ablassen, bevor sie zerplatzen. Wir schauen zunächst auf den Gesamtaufbau und kontrollieren noch einmal alle Anschlüsse.
Keine Ahnung, was passiert, wenn… und ich möchte es auch nicht wissen.

Aufbau mit 500Volt

Aufbau mit 500Volt

Nach dem Einschalten passiert natürlich zunächst einmal gar nichts. Die EZ12 heizt sich langsam auf. Die Spannung an der D3a ist sofort da wegen des Brückengleichrichters. Eigentlich sollte man hier eine Verzögerungsschaltung einsetzen, damit sich zuerst die Röhre aufheizen kann. Das ist im Übrigen auch das Problem bei der RL12T15 – deren 12,6V Heizspannung brauchen merklich lange, bis ihr Faden glüht. Als dies geschehen war, flossen dann auch mal eben satte 90mA durch den 200Ohm Anodenwiderstand. Ich reduzierte den Stromfluss durch Tausch des Anodenwiderstands auf 470Ohm, was zu etwa 60mA Stromfluss führte. Ich möchte die RL12T15 nicht sofort an die Grenze der Belastbarkeit zwingen, sowas hebe ich mir für später auf… und wagte dann, den CD Player (übrigens ein Sony CDP XE530) einzuschalten.
Der Testlautsprecher stand im Nebenraum und ich will ein Foto desselben an dieser Stelle nicht vorenthalten:

cinematik

cinematik

Hatte ich gestern noch Paolo Conte eingelegt, so wollte ich dies heute auch wieder tun, um einen möglichst objektiven Höreindruck zu gewinnen. „Via con me“ – erstes Stück, Play drücken und – zum Glück, kann ich nur sagen, hatte ich den regelbaren Ausgang des Sony auf -20dB gesenkt. Denn kaum startete die Aufnahme, da kam Paolo vehement aus dem andern Raum gesprungen und hauchte mir geradewegs ins Ohr. Ich darf sagen dass ich nicht gedacht hätte, dass 200Volt mehr an Betriebsspannung und 10mA mehr Stromfluss und Röhrengleichrichtung statt Brückengleichrichter zu einer solchen Lebendigkeit hätten führen können. Mir standen sämtliche (und es sind derer viele!) Unterarmhaare senkrecht! Leider war niemand zugegen, der diesen Effekt hätte teilen können. Zum Glück störte aber auch niemand. Noch nicht mal die Nachbarn, die eigentlich durch diese gewaltige – man kann es nicht anders beschreiben – musikalische Darbietung hätten angelockt werden müssen. Nun, es war 12Uhr Mittag. Vielleicht daher. Irgendwie erinnert das Ensemble zu den Momenten, an denen man die Anodenspannung kontrolliert, an einen Versuchsaufbau Frankensteins. Hölle! 500Volt auf meinem Schreibtisch… langsam ausatmen, CD Player abschalten. Luft holen. Nochmal? Jaaaaa! „Element of Crime – Weisses Papier“ So muss Musik sein, abgrundtiefe Bässe selbst an den 20cm Chassis der Cinematik, klare Mitten mit allen Atem- und Nebengeräuschen, brilliante Höhen. Eine Detailauflösung, die selbst die höchstempfindlichen PC86/PL82 Varianten in den Schatten stellt. In ewige Dunkelheit sozusagen. Ich sage das nicht mal eben so, sondern habe diverse (etwa 10!) dieser Verstärker gebaut und war immer begeistert von ihrer Detailfreude. Was allerdings auch immer fehlte, war eben dieser Gänsehaut-Effekt am Unterarm. Und mit diesem Gänsehaut Feelig, das ich mir jetzt kurz vor Mitternacht nochmal genehmige, empfehle ich mich in die Nacht.

Der “Volant” – eine Triodenendstufe in SE Technik mit 8 Watt / Teil 2

3 Okt

Früh am Morgen geht es weiter mit der entscheidenden Aktion – Lautsprecher, Signal- und Stromquelle werden angeschlossen.
Wir werfen einen Blick auf den aktuellen Zustand:

Ein erster Versuch unter Spannung

Ein erster Versuch unter Spannung

Der geneigte Betrachter mag erkennen, dass sich nunmehr zusätzlich zu den Bauteilen auf der Grundplatte eine Menge von Kabeln und drei Messgeräte hinzu gesellt haben. Zwischen Kathodenwiderstand und Masseleitung wird bei jeder Röhre eine Stromflussmessung vorgenommen. Bei der RL12T15 wird der Ruhestrom zunächst auf 50mA bei einer angelegten Spannung an der Anode von 300V eingestellt. Die Einstellung geschieht über die Variation des Kathodenwiderstands und des Gitterableitwiderstands. Der Widerstand an der Kathode hatte zunächst aus Sicherheitsgründen den Wert von 1k und wurde im Laufe der Versuche auf 150Ohm reduziert, um den 50mA Ruhestrom zu erreichen. Bei 300V werden hier frevelhafterweise rein rechnerisch 15Watt „verbraten“, von denen hoffentlich die Hälfte am Lautsprecher ankommt. Ein erster Hörtest lässt dies zunächst auch vermuten und Paolo Conte spielt munter aus preiswerten Testlautsprechern auf. So motiviert wage ich mich an die Einstellung der D3a – auch hier wird der Kathodenwiderstand von 680 auf 390Ohm gesenkt und das Ohr und die Messgeräte sind zufrieden – 20mA bei 200Volt sind sehr gute Werte. Da bei beiden Röhren durch die Kathodenwiderstände gewaltige Leistung fliesst, muss man bei diesen auf ausreichende Belastbarkeit achten. Also schön dick „Watt“ auftragen, bitte. Eine Mitkopplung über den Kathodenwiderständen führt zu einem weiteren, deutlich hörbar schönem und rundem Klangbild. Eingesetzt wurden 1000 und 10.000 µF. In den folgenden Schaltplan habe ich die Modifikationen eingezeichnet:

Erste Versuchsergebnisse

Erste Versuchsergebnisse

Der Klang ist, sofern ich mich hier begeistern darf, phänomenal sobald ich den Volant Testläufer an meine Cinematik Lautsprecher im Nebenzimmer über eine fingerdicke Leitung anschloss. Ich hoffe, die Nachbarn verzeihen mir das darauf folgende, etwa einstündige Übertrager-Shootout, in dem ich permanent zwischen 5 Übertragern aus meinem NOS und Vintage Sortiment wechselte, um das optimale Zusammenspiel zwischen Endröhre und Lautsprecher zu finden. Zunächst war ich der Meinung, es sei doch einer der Übertrager, die auch Grundig in seinen alten NF1 Stufen benutzt. Nach längerem Hören aber muss ich eindeutig einem etwa 7 Kilogramm schweren Edcor Übertrager aus den USA den Vorzug geben. Der klingt derart rund und hat ausreichenden Tiefbass, dass sich die Anhörung um eine weitere Stunde ausdehnte. Als nächstes wird den Gitterableitwiderständen Aufmerksamkeit geschenkt und es soll ein Testlauf folgen, bei dem jede der Röhren ihre Spannung separat erhält. Zwei Stunden später ist es dann soweit und der nächste Aufbau wartet auf seine erste Begegnung mit Hoch-Spannung.

Mit korrigierten Bauteilen geht es weiter

Mit korrigierten Bauteilen geht es weiter

Ein kurzer Blick auf die Grundplatte lässt erkennen, dass hier die über Kabelbrücken vormals testweise angeklemmten Bauteile nunmehr eingelötet wurden.
Wir schauen jetzt auf die neue Konstellation mit jeweils eigener Spannungsquelle pro Röhre:

Jetzt mit separater Stromversorgung

Jetzt mit separater Stromversorgung

Die Bezifferung im Einzelnen: 1-Heiztrafo rL12T15/2-+3 – Hochspannung für RL12T15 und D3a, sowie Heizung für D3a/4-6 Siebkette/7 – Edcor Übertrager/8+9 – hier warten zwei Röhrennetztrafos!/10 – einer der getesteten Koppelkondensatoren/11-13 – Meßgeräte/14+15 – Beleuchtung

Was nun geschah, verschlug mir fast die Sprache, oder besser gesagt das Hören. Die separate Stromversorgung beruhigt das Klangbild ungemein. Kein Zucken mehr des Milliamperemeters in der Kathodenleitung der D3a bei Paukenschlägen oder Schlagzeug. Und auch der Stromfluss zur RL12T15 wurde wesentlich ruhiger, aber eben nicht vollständig. Diese Röhre ist derart leistungshungrig, da muss noch etwas geschehen. Ich will das Optimum erreichen und möchte mich nicht mit Mittelmäßigkeiten zufrieden geben, denn auf diesen Verstärker wartet eine ganz besonders spannende Aufgabe, von der ich noch berichten werde. Ich teste nun diverse Koppelkondensatoren – angefangen vom „Mustard“ Cap mit 0,33µ bis hin zum Ölpapierkondensator aus russischer Militärproduktion, geblockt mit einem 0,01µ Glimmer. Und lande wieder bei der Erstausstattung, weil sie einfach so schön locker und klar ohne Schnörkel Herrn Conte reproduziert, als stehe er einen Meter hinter der Box. Mustards sind (waren) ein Geheimtipp.

Morgen geht es weiter mit dem nächsten Schritt – Der Leistungsbedarf der RL12T15 muss gedeckt werden und beide Röhren sollen ihre Spannung über Röhrengleichrichter erhalten. Ich bin gespannt auf das Klangergebnis.

 

 

 

Links und Empfehlungen

2 Okt
  1. Die Goldstrom Klang- und Leuchtkunstobjekte lassen sich bisweilen manch seltsamer Kunstoberkategorie zuordnen, wenn man das mag. So erschien in den sechziger Jahren zunächst völlig unbeobachtet eine Kunstgattung mit dem furchteinflößenden Namen „Steampunk“. Einige meiner Werke wurden von dieser Kunstrichtung aufgesogen oder annektiert, sobald ich mit selbiger in Berührung kam. Hier ein Artikel aus dem Clockworker, einem sehr bekannten Steampunkmagazin:http://clockworker.de/cw/tag/rohren/
  2. Da ich auch Freunde der hifidelen Kunstobjekte in Chile habe, war es nicht verwunderlich, dass man sich dort für meine Designobjekte begeisterte. Hier ein link auf eine Besprechung eines sehr schönen, kleinen Vorverstäkers – man muss nur Herr der Worte sein:
    http://www.hifichile.cl/index.php?/topic/3758-preamplificador-con-tubos-ef6/

Presse und Öffentlichkeit

2 Okt

Ich freue mich natürlich immer, wenn etwas über mich berichtet wird. Den Beginn machte 2010 das AAA Analogforum (http://www.aaanalog.de).
In einer Randbemerkung wurde der Musica Verstärker abgelichtet. Es handelt sich um eine Endstufe mit doppeltem Treiber (Pc86/D3a) und einer direkt geheizten Triode PTT3S als Ausgangsröhre. Das Gerät gibt etwa 2 Watt pro Kanal ab und erklang in Gemeinsamkeit mit den hochgelobten Tja Boxen von Uwe Steiner in den Räumen der Frankfurter Hörgesellschaft auf dem Analog Forum in Krefeld im Oktober 2010. Tatsächlich kam er zunächst als reines Präsentationsobjekt, verwies dann aber im direkten Hörvergleich einen Jadis Orchestra auf die Plätze, was mich sehr freute. Download unter: (http://goldstrom.de/Analog-03-2010lp.pdf)

Daraufhin arbeitete ich längere Zeit an Leuchtkunstwerken bis zum Frühjahr 2012. In der ersten Ausgabe der Heritage Post berichtete Uwe van Afferden über einige meiner Objekte:

Der „Volant“ – eine Triodenendstufe in SE Technik mit 8 Watt / Teil 1

2 Okt

Verehrtes Publikum,

ich möchte Sie diesmal teilhaben lassen an der Entstehung eines ganz besonderen Kleinodes – Eine Endstufe in Single-ended Technik mit einer Leistungstriode RL12T15 .Als Treiber wird eine triodisierte Pentode der Bundespost dienen, eine D3a.
Die Endstufentriode RL12T15 verspricht eine Ausgangsleistung von maximal 20 Watt laut Datenblatt, wenn man sie denn ausreichend mit Spannung und Strom versorgt. Sie benötigt, um ihre volle Kraft zu entfalten, etwa 500Volt Anodenspannung und entnimmt dann annähernd 75mA aus dem Transformator.

Ich habe mich entschlossen, diese Endstufe in perfekter Manier aufzubauen und daher etwas zu tun, was heutzutage aus energietechnischen Gründen verpönt ist – jede der eingesetzten Röhren wird ihre eigene Spannungsversorgung, sprich Transformator mitsamt Drossel und Siebkette bekommen. In einem Versuchsaufbau will ich so viele Variationen wie möglich erkunden, um den schlussendlichen Klang zu finden.
Wie der geneigte Leser weiss, ist ein jedes Bauteil ein Klang bestimmendes Element, auch wenn es nicht direkt im Signalweg liegt. Dazu aber später mehr, wenn es darum gehen wird, die einzelnen Elemente während eines Probelaufes auszuwechseln und genauer zu beobachten.
Wir werfen zuerst einen Blick auf das Prinzipschaltbild zur Spannungsversorgung.

Prinzipschaltbild zum Stromfluss

Ich orientiere mich an Erfahrungswerten und verwende eine einfach Kathodenbasisschaltung plus einer vorgeschalteten SRPP Stufe, die ich im ersten Aufbau noch nicht einsetzen werde. Ich möchte mich nun Schritt für Schritt an das perfekte Klangerlebnis wagen.

Die Ausgangsidee für den Schaltplan

Da ich ein sehr starkes Empfinden für das spätere Gehäuse hege, habe ich kurzerhand einen Entwurf gezeichnet, den ich nicht vorenthalten möchte, bevor ich zum tatsächlichen Versuchsaufbau komme. Hier ist er:

Eine erste Ideenskizze für das Gehäuse

Man erkennt, dass es relativ viele Schalter und Regler geben wird. Ich plane, die beiden Treiberstufen über separate Cinch-Eingänge getrennt verfügbar zu machen. Ebenso wird es eine regelbare Rückkopplung in 3 Stufen geben, einen Lautstärkeregler, einen für die Balance und evtl. einen Schalter für eine Mitkopplung der Kathodenwiderstände sämtlicher Röhren. Die Mitkopplung und die Rückkopplung sind vehement Klang bestimmend und sollten auf jeden Fall einzelnen Zugriff bekommen. Das erhöht den musikalischen Klanggenuß. Im recht voluminösen Unterbau des Gehäuses sollen später die 4 bis 6 Transformatoren plus Übertrager und Drosseln Platz finden. Das geschätzte Gewicht dürfte bei etwa 20-30kg liegen. Möglicherweise lassen sich die 6SL7 und die D3a über einen gekoppelten Trafo versorgen, das muss man sehen und hören.

Wir werfen nun einen Blick auf die hauptsächlichen Bauteile, die Röhren:

Auf der Montageplatte: Links RL12T15 und rechts die D3a

Die Unterseite der Montageplatte enthält bereits die wesentlichsten Bauteile, damit nach Anlegen der Spannung und des Übertragers schon ein Ton erklingen kann.

Ein erster Blick von unten

Die Zahlen im einzelnen verweisen auf folgende Bauteile: 1-RL12T15 incl. Fassung/2-6SL7-Fassung/3-D3a incl.Fassung/4-Eingang-Cich/5-Schirmgitterwiderstand/6-Spannungsvorwiderstand der D3a/7-Koppelkondensator/8-Kathodenwiderstand D3a/9+10-Heizungswiderstand Endröhre zur symmetrierung der Heizspannung/11-Vorwiderstand zu Abblockung hochfrequenter Spannungen am Gitter der RL12T15/12-Kathodenwiderstand/13-Gitterableitwiderstand D3a/14-Zentralmasse/15-Anodenspannung RL12T15/16-Gitterableitwiderstand RL12T15

Morgen werde ich von einem ersten Funktionstest berichten.